Eintrag vom 04.06.2015
Allein in Gangnam, dem Nobelviertel der Hauptstadt Südkoreas, befinden sich rund 500 Privatkliniken, in denen
Schönheitsoperationen durchgeführt werden. Ein Fünftel des – auch andernorts blühenden – nationalen Schönheitsmarktes entfällt allein auf diesen Bezirk.
Blickt man nur 60 Jahre zurück, sieht man ein Land, das durch den Koreakrieg zerstört ist. Es ist landwirtschaftlich geprägt und gehört zu den ärmsten Nationen der Welt. Doch bereits in den 80ern war Südkorea durch ein rasantes Wirtschaftswachstum zur wohlhabenden Industrienation aufgestiegen - und Gangnam ist das wohl am deutlichsten sichtbare Symbol dieses Wohlstandes. Im Zuge dieser Entwicklung hat ein Leistungs- und Wettbewerbsdenken die Gesellschaft durchdrungen. Inzwischen geht beinahe jeder Schulabgänger auf die Universität.
Viele Menschen haben dadurch nahezu identische Lebensläufe, stechen kaum aus der Masse heraus. Und wenn doch, dann sehen sie zu, dass sie wieder darin verschwinden, weshalb
Schönheitsoperationen in Südkorea selten das Ziel haben, anders auszusehen als der Rest, sondern möglichst bewirken sollen, dass man nicht auffällt – und schon gar nicht negativ. Denn schon kleine Mankos werden in einer Wettbewerbsgesellschaft wie der südkoreanischen schnell zu großen Defiziten.
Das Schönheitsideal der Südkoreaner ist gekennzeichnet durch eine Orientierung gen Westen: Schmale Nasen und große Augen sind erstrebenswert. Entsprechend häufig sind
Nasenkorrekturen und
Lidkorrekturen – auch schon bei Jugendlichen, denen ihre Eltern den Weg zum Erfolg ebnen wollen. Ein anderer wichtiger Aspekt des südkoreanischen Schönheitsideals ist, dass die blasse Haut den erstrebenswerten Gegensatz zum Aussehen von in Agrargesellschaften arbeitenden Menschen markiert.
Quelle:
punktmagazin.ch